
DIN VDE 0100-420
Schutz gegen thermische Auswirkungen
- Maßnahmen zum Schutz von Personen, Nutztieren und Sachwerten vor thermischen Einflüssen, die von elektrischen Betriebsmitteln ausgehen können
- Alle Inhalte zusammengefasst

Einleitung in die DIN VDE 0100-420
Was ist die DIN VDE 0100-420?
Wann gilt die DIN VDE 0100-420
Alle Neuerungen und Versionen der DIN VDE 0100-420 auf einen Blick:
- Februar 2016: Die DIN VDE 0100-420 wurde erstmals veröffentlicht
- Februar 2018: Korrigierte Fassung
- Oktober 2019: Wesentliche Änderungen in Verbindung mit AFDDs
- Juni 2022: Zusätzliche Anforderungen bezüglich des Brandverhaltens von Kabeln und Leitungen
Technische Anforderungen der DIN VDE 0100-420
Allgemeine Schutzmaßnahmen
Vermeidung von Überhitzung: Elektrische Betriebsmittel müssen so ausgewählt und installiert werden, dass sie keine gefährliche Erwärmung verursachen, die benachbarte Materialien entzünden könnte.
Sichere Oberflächentemperaturen: Fest installierte elektrische Geräte dürfen keine Oberflächentemperaturen erreichen, die eine Brandgefahr für angrenzende Materialien darstellen.
Maßnahmen bei besonderen Brandrisiken
Risikobewertung: Bei Anlagen in Bereichen mit erhöhtem Brandrisiko ist eine detaillierte Risiko- und Sicherheitsbewertung durchzuführen. Basierend auf den Ergebnissen dieser Bewertung sind geeignete bauliche, anlagentechnische oder organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um thermische Gefahren zu minimieren.
Hier können Sie die Originaldokumente der DIN VDE 0100-420 sowie die ergänzenden Hinweise und Infopapiere des VDE|FNN konsultieren:
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Anforderungen an Kabel und Leitungen
Mit Ausnahme von Fällen, in denen Kabel und Leitungen sowie deren Verlegesysteme in nicht brennbarem Material eingebettet sind, dürfen laut Abschnitt 422.3.4 ausschließlich nicht flammenausbreitende Kabel- und Leitungsanlagen verwendet werden. Die verwendeten Betriebsmittel müssen dabei spezifische Prüfungsanforderungen erfüllen.
Die folgenden Anforderungen gelten für Kabel, Leitungen und Installationssysteme unter Brandbedingungen:
- Kabel und Leitungen müssen mindestens die Brandprüfungen der Klasse Eca gemäß DIN EN 13501-6 bestehen.
- Sie müssen zudem den Brandtest nach DIN EN 60332 (VDE 0482-332) erfüllen, der Prüfungen für das Brandverhalten von Kabeln, isolierten Leitungen und Glasfaserkabeln umfasst.
- Elektroinstallationsrohrsysteme müssen nach DIN EN 61386 (VDE 0605) auf ihre Flammenausbreitung geprüft werden.
- Elektroinstallationskanalsysteme (sowohl geschlossene als auch zu öffnende) müssen den Flammenausbreitungstest gemäß DIN EN 50085 (VDE 0604) bestehen.
- Kabelwannen- und Kabelpritschen-Systeme müssen ihre Feuerbeständigkeit gemäß DIN EN 61537 (VDE 0639) nachweisen.
- Stromschienensysteme müssen die Prüfung auf Flammenausbreitung gemäß DIN EN 61534 (VDE 0604) erfolgreich absolvieren.

Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDD)
In Unterkapitel 421.7 wird empfohlen, besondere Schutzmaßnahmen gegen die Auswirkungen von Fehlerlichtbögen in Endstromkreisen zu ergreifen. Dies betrifft insbesondere folgende Räumlichkeiten und Bereiche:
- Räume mit Schlafgelegenheiten, da hier das Risiko für Personen im Brandfall besonders hoch ist.
- Bereiche mit erhöhtem Brandrisiko, wie feuergefährdete Betriebsstätten gemäß Musterbauordnung (MBO), in denen mit leicht entzündlichen oder explosiven Stoffen umgegangen wird oder diese gelagert werden.
- Gebäude oder Räume aus brennbaren Baustoffen, sofern diese keinen feuerhemmenden Widerstand aufweisen.
- Orte mit unersetzbaren Werten, in denen ein Brand erheblichen wirtschaftlichen oder kulturellen Schaden anrichten könnte.
Um das Risiko von Fehlerlichtbögen in diesen Räumen angemessen zu bewerten, ist bereits in der Planungsphase eine Risiko- und Sicherheitsbewertung erforderlich (siehe Abschnitt 4.4.1). Das Ergebnis dieser Bewertung muss dokumentiert werden.
Sollte die Analyse besondere Risiken durch Fehlerlichtbögen aufzeigen, sind gemäß Unterkapitel 421.7 entsprechende bauliche, anlagentechnische oder organisatorische Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Eine wirksame anlagentechnische Lösung stellt der Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) dar, die nach DIN EN 62606 (VDE 0665-10) spezifiziert sind. Diese AFDDs dienen dazu, Fehlerlichtbögen frühzeitig zu erkennen und den betroffenen Stromkreis automatisch abzuschalten, um das Brandrisiko zu minimieren (vgl. Anhang A).
Der Einbau von AFDDs erfolgt am Anfang des zu schützenden Stromkreises. Dennoch können zusätzlich weitere Maßnahmen gemäß anderen Abschnitten der Norm erforderlich sein, um den Schutz der elektrischen Anlage umfassend zu gewährleisten.
Wie funktioniert eine AFDD Einheit?
Die AFDD-Einheit überwacht kontinuierlich die Sinuswellen von Strom und Spannung im Stromkreis. Sobald ein Stromfluss von mindestens 2,5 A erreicht wird, analysiert das System die charakteristischen Muster von Strom- und Spannungsverläufen, um potenziell gefährliche Fehlerlichtbögen zu identifizieren. Wenn ein bestimmter Energiegehalt mit Brandrisiko überschritten wird, der auf eine schlechte Kontaktstelle oder beschädigte Leitungen hinweist, schaltet die Schutzvorrichtung den betroffenen Stromkreis ab. Der festgelegte Schwellwert für eine Abschaltung liegt bei 450 Joule, da diese Energiemenge ausreicht, um ein PVC-Kabel zu entzünden. Die Abschaltung erfolgt erst nach einer mikroprozessorbasierten Analyse, bei der die integrierte Software des AFDD rund 120 verschiedene Parameter in Echtzeit überwacht und auswertet, um eine zuverlässige Erkennung und Unterscheidung zwischen harmlosen und gefährlichen Lichtbögen zu gewährleisten.

Anwendungsbereich der Norm DIN VDE 0100-420
Geltungsbereich
Vereinfachung der Bewertung durch AFDDs
Wenn AFDDs eingesetzt werden, kann die Risiko- und Sicherheitsbewertung erheblich vereinfacht werden. In jedem Fall muss jedoch die Entscheidung für oder gegen den Einsatz von AFDDs schriftlich dokumentiert werden.
Die Verantwortung für die Umsetzung liegt beim Errichter der Anlage. Die Bewertung und Dokumentation sind verpflichtend für bestimmte Bereiche, darunter:
- Räume mit Schlafgelegenheiten → Dazu zählen Schlafzimmer, Gästezimmer und Hotelzimmer, unabhängig von der Feuerwiderstandsklasse.
- Feuergefährdete Betriebsstätten → Gebäude, in denen leicht entzündliche Stoffe gelagert oder verarbeitet werden, z. B. Scheunen, Papierfabriken, Druckereien, Schreinereien oder Sägewerke.
- Gebäude mit brennbaren Baustoffen → Betrifft Räume mit Bauteilen, die nicht mindestens die Feuerwiderstandsklasse F30 erfüllen.
- Räume mit unersetzbaren Werten → Dazu gehören Museen, Galerien und Nationaldenkmäler, in denen wertvolle Kulturgüter geschützt werden müssen.
Ein Hotelbetreiber plant den Neubau eines Hotels mit mehreren Gästezimmern.
Identifikation der Risikobereiche: Alle Gästezimmer fallen unter die Kategorie „Räume mit Schlafgelegenheiten“, unabhängig von der Feuerwiderstandsklasse der Baumaterialien.
Ergreifung von Schutzmaßnahmen:
- Bauliche Maßnahme: Die elektrischen Leitungen werden in feuerhemmenden Kabelkanälen verlegt, um das Risiko einer Brandausbreitung zu minimieren.
- Anlagentechnische Maßnahme: In den Schlafräumen und Fluchtwegen werden Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) installiert, um Brände durch Fehlerlichtbögen zu verhindern.
Durch die Einhaltung der DIN VDE 0100-420 stellt der Hotelbetreiber sicher, dass das Gebäude höchsten Brandschutzanforderungen entspricht.
Verantwortlichkeit bei der Umsetzung der Norm
- VDE-AR-N 4105: Diese Norm behandelt die technischen Mindestanforderungen für den Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen, wie Photovoltaik- oder Windkraftanlagen, am Niederspannungsnetz. Sie ergänzt die VDE-AR-N 4100 um spezifische Vorgaben für Erzeugungsanlagen.
- VDE-AR-N 4110: Diese Anwendungsregel definiert die Anforderungen für den Anschluss und Betrieb von Anlagen am Mittelspannungsnetz und ist relevant für größere Erzeugungsanlagen oder industrielle Verbraucher, die an das Mittelspannungsnetz angeschlossen sind.
Aktuelle Änderungen der DIN VDE 0100-420
Februar 2016: Die DIN VDE 0100-420 wurde erstmals veröffentlicht.
Diese Version wurde im Februar 2016 veröffentlicht und legte die grundlegenden Schutzmaßnahmen gegen thermische Auswirkungen in Niederspannungsanlagen fest. Besonders wichtig war die Einführung neuer Anforderungen zur Vermeidung von Bränden durch elektrische Betriebsmittel. Die Norm beschrieb erstmals Anwendungsfälle für Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) und gab Hinweise zur Reduzierung der Brandgefahr durch thermische Effekte in elektrischen Anlagen.
Februar 2018: Korrigierte Fassung
Im Februar 2018 wurde eine korrigierte Fassung der Norm veröffentlicht. Diese Berichtigung diente hauptsächlich dazu, redaktionelle Fehler aus der vorherigen Ausgabe zu beseitigen und einige technische Details zu präzisieren. Die inhaltlichen Anforderungen der Norm blieben im Wesentlichen unverändert, jedoch wurden einige Missverständnisse bei der Anwendung der Vorgaben aus der 2016er-Version klargestellt.
Oktober 2019: Wesentliche Änderungen in Verbindung mit AFDDs
Die Version von Oktober 2019 brachte wesentliche technische Erweiterungen und Änderungen mit sich. Besonders hervorzuheben ist die Überarbeitung des Abschnitts 421.7, in dem die Empfehlungen für den Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) präzisiert wurden. Diese Schutzvorrichtungen wurden für bestimmte Räumlichkeiten mit erhöhtem Brandrisiko, wie Schlafräume oder feuergefährdete Betriebsstätten, ausdrücklich empfohlen. Zudem wurde eine Übergangsfrist für bestehende Anlagen definiert.
Juni 2022: Zusätzliche Anforderungen bezüglich des Brandverhaltens von Kabeln und Leitungen
Die neueste Version der Norm trat im Juni 2022 in Kraft und ersetzte die vorherige Ausgabe von 2019. Ein besonders wichtiger Punkt dieser Aktualisierung war die Integration der EU-Bauproduktenverordnung (EU) Nr. 305/2011, wodurch neue Anforderungen an das Brandverhalten von Kabeln und Leitungen eingeführt wurden. Die Norm verweist nun auf die EN 13501-6 Klassifizierungen, die die Feuerbeständigkeit von Starkstromkabeln und Steuerleitungen spezifizieren. Zudem wurden bestehende Vorgaben zur Risikobewertung und Dokumentation weiterentwickelt, um eine bessere Sicherheit in Niederspannungsanlagen zu gewährleisten.
FAQ zur DIN VDE 0100-420
Sind VDE-Vorschriften verbindlich einzuhalten?
Die Anwendung von Normen in Deutschland ist grundsätzlich freiwillig. Sie werden jedoch verbindlich, wenn ihre Einhaltung in Gesetzen, Verordnungen oder Verträgen ausdrücklich gefordert wird. In vielen Fällen gelten VDE-Normen als anerkannte Regeln der Technik und ihre Beachtung kann rechtliche Vorteile bieten.
Wann besteht eine Anpassungs- oder Nachrüstpflicht für bestehende elektrische Anlagen?
Eine Nachrüstpflicht für bestehende Anlagen besteht in der Regel nicht. Die aktuellen Normen sind jedoch bei Erweiterungen oder Änderungen von Anlagen anzuwenden, insbesondere auf die Teile der Anlage, die von der Änderung betroffen sind.
Was ist unter einer Risiko- und Sicherheitsbewertung zu verstehen und wann ist sie durchzuführen?
Gemäß Abschnitt 421.7 der DIN VDE 0100-420:2022-06 ist in der Planungsphase eine Risiko- und Sicherheitsbewertung durchzuführen, um besondere Risiken durch Fehlerlichtbögen in Endstromkreisen zu erkennen. Diese Bewertung ist zu dokumentieren und betrifft insbesondere Räume mit Schlafgelegenheiten, feuergefährdete Betriebsstätten, Räume mit brennbaren Baustoffen und Bereiche mit unersetzbaren Gütern.
Welche Maßnahmen können zum Schutz gegen Fehlerlichtbögen ergriffen werden?
Abhängig von der Risiko- und Sicherheitsbewertung können bauliche, organisatorische oder anlagentechnische Maßnahmen erforderlich sein. Eine anlagentechnische Maßnahme ist der Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs), die dazu dienen, gefährliche Fehlerlichtbögen zu erkennen und den betroffenen Stromkreis abzuschalten.
Gibt es eine Übergangsfrist für die Anwendung der DIN VDE 0100-420:2022-06?
Für Anlagen, die sich zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Norm bereits in Planung oder im Bau befanden, galt eine Übergangsfrist bis zum 30. September 2021. Nach Ablauf dieser Frist sind die Anforderungen der Norm bei neuen Anlagen sowie bei Änderungen oder Erweiterungen bestehender Anlagen anzuwenden.
Wie fügt sich die DIN VDE 0100-420 in den Gesamtkontext der Normenreihe DIN VDE 0100 ein?
Die DIN VDE 0100-420 ist Teil der Normenreihe DIN VDE 0100, die sich mit dem Errichten von Niederspannungsanlagen befasst. Sie behandelt spezifisch den Schutz gegen thermische Auswirkungen und ergänzt damit die allgemeinen Anforderungen der Reihe, insbesondere in Bezug auf Brandschutzmaßnahmen.
Was sind bauliche Maßnahmen zum Schutz gegen Fehlerlichtbögen?
Bauliche Maßnahmen können die erd- und kurzschlusssichere Verlegung von Leitungen umfassen, beispielsweise die Installation von Einzeladern im Beton, um das Risiko von Fehlerlichtbögen zu minimieren.
Was versteht man unter organisatorischen Maßnahmen im Kontext der DIN VDE 0100-420?
Organisatorische Maßnahmen beziehen sich auf Verhaltensregeln und organisatorische Vorkehrungen, wie beispielsweise die Bereitstellung von Aufsichtspersonal in Museen, um Brandrisiken durch Fehlerlichtbögen zu überwachen und frühzeitig einzugreifen.
Welche Räume gelten als feuergefährdete Betriebsstätten?
Feuergefährdete Betriebsstätten sind Bereiche, in denen mit leicht entzündlichen oder explosionsgefährlichen Stoffen umgegangen wird oder diese gelagert werden. Beispiele hierfür sind Scheunen, Papierfabriken, Druckereien, Schreinereien und Sägewerke.
Was sind Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs) und wie funktionieren sie?
AFDDs sind Geräte, die den Stromfluss in einem Stromkreis überwachen und gefährliche Fehlerlichtbögen erkennen. Bei Detektion eines solchen Lichtbogens schaltet der AFDD den betroffenen Stromkreis automatisch ab, um potenzielle Brandgefahren zu verhindern.
Diese FAQ-Liste bietet einen Überblick über die wichtigsten Aspekte der DIN VDE 0100-420:2022-06. Für detaillierte Informationen und spezifische Anwendungsfälle wird empfohlen, die vollständige Norm zu konsultieren oder fachkundige Beratung einzuholen.